Badbergfest
Karin Henning: Damals in der Rockenstube

leicht gekürzt und in hochdeutsche Sprache übersetzt

     
     
 

Rockenstube auch: Rockerstubm, Spinnstubm.

Rocken, das ist der Spinnstock am Spinnrad, auf den der Flachs oder die Rohwolle gesteckt wurde.

In der Rockenstube haben sich früher die Frauen des Dorfes getroffen und sowohl am Faden mit dem Spinnrocken als auch an der Grüchteküche des Dorfes - mit ihrem schlechten Mundwerk - gesponnen. Die gesponnenen Fäden sind dann gleich zu brauchbaren Kleidungsstücken wie Strümpfen oder wollenen Unterhosen verstrickt worden.

Die Rockenstube war Mittelpunkt des geistigen und gesellschaftlichen Lebens der Dorfjugend. Es war üblich, dass der Rocken im Dorfe umher ging, so dass reihum bei jeder Dorfschönen die Rockenstube abgehalten worden ist.

Mädchen, die mit dem Spinnrad nicht so umgehen konnten, waren weniger geachtet und sozusagen die Mauerblümchen des Dorfes. Es gab den Spruch: Wer net tanzn und spinna ko, kriegt gewiss zeitlebens kann Mo,

Die Burschen, die da üblicherweise zu Besuch kamen, haben Arbeiten verrichtet, für die im Sommer keine Zeit war wie z.B. Korbflechten, Reisigbesen binden oder Zähne für Holzrechen schnitzen. Es wurden Geschichten erzählt. Sobald jemand seine Mundharmonika heraus genommen hatte, wurde gesungen, gespielt und getanzt.

Auch die Kinder haben manchmal mit zur Rockenstube gedurft. Rechtzeitig wurden sie aber ins Bett geschickt, bevor es zu vorgerückter Stunde nicht immer ganz jugendfrei zu ging.

1746 wurde die Rockenstube auf den Dörfern polizeilich verboten. In der Begründung hieß es: Bei solchen Zusammenkünften wurden den Eltern die Kinder verführet, den Gesellen hat man aufgelauert, sie verwundet oder gar totgeschlagen. Ehrbaren Hausleuten wurde jedoch erlaubt, zur Einsparung des Brennholzes oder des Lichtes sich weiterhin zu treffen. Jedoch wurde mit einer Strafe von fünf Talern gedroht, wenn es dabei zu allerlei Spielen, unzüchtigen Worten oder schändlichem Geschwätze kam.

Die Mädchen und Burschen saßen sich gegenüber und da sie sich auch früher schon ein wenig geneckt haben, entstanden aus dieser Situation Wechselgesänge wie die beiden Lieder "Bauernmadla hi" und "Seitdem dass die Bauernmadli" (von Singgruppe und Gesangverein vorgetragen).

Mitte des 20. Jahrhunderts endete der Brauch, sich in der Rockenstube zu treffen, da der Flachsanbau und die Schafhaltung zurückgegangen waren. Irgendwie muss er aber wieder in Mode gekommen sein, denn er hat sich noch bis in die sechziger Jahre gehalten. Lediglich in der Kriegs- und Nachkriegszeit gab es einen kleinen Einbruch wegen der Sperrstunden und der amerikanischen Besatzungsmacht.

Aufgehört hat das Ganze dann als es immer mehr Fernsehgeräte gegeben hat oder mehr Fahrzeuge, dass man ins Kino und zu anderen Veranstaltungen gekommen ist. Aber die Geselligkeit möchten die Leute schon wieder ein wenig mehr pflegen. Man trifft sich heuzutage immer öfter zu Strickabenden oder die Jugend im „Bauwong“, der modernen Rockenstube.

 
     
 
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