Wilhermsdorf tritt in den Besamungsvertrag der Gemeinde Kirchfarrnbach ein!
- Eingemeindung nach Wilhermsdorf 1978 -
 
 
 
 
 
 
 
Waltraud und Hans Hertlein in eigener Rolle
 
     
Manuskripttext    
     
 

[Es wirken mit: Sprecher und Sprecherin, Waltraud und Hans Hertlein]

Sprecher: Es bleibt noch zu erwähnen, dass im Jahr 1956 die Landjugend gegründet worden ist und 11 Jahre später, 1967 die Singgruppe. So wird die Landjugend in drei Jahren, 2006, ihr fünzigjähriges Jubiläum feiern können. Außer der Kirche und den aktiven Kirchfarrnbacher Stammtischen beleben heute die vier ortsansässigen Vereine das gesellschaftliche Leben. In der Reihenfolge ihres Alters aufgezählt sind das: Die Freiwillige Feuerwehr, der Gesangverein, die Landjugend und die Singgruppe.

Morgen finden hier die Feiern zur 25-jährigen Zugehörigkeit der ehemaligen Gemeinde Kirchfarrnbach zum Markt Wilhermsdorf statt.

Vor 25 Jahren ging es zunächst nicht sehr feierlich zu. Deutlicher gesagt, am 1. Januar 1978, also an dem Tag, an dem wir Mitglieder der Marktgemeinde wurden, geschah nichts. Alle warteten weiter. Dann erscheint zum ersten Mal das Wort Kirchfarrnbach im Wilhermsdorfer Mitteilungsblatt (hoch halten). Immerhin schon bei der Nummer 2. Der Vorstand der Kirchfarrnbacher Feuerwehr lud darin zur Jahreshauptversammlung ein. Der Vorstand war der nunmehrige Altbürgermeister Hans Beigel. Er ermunterte zum Gebrauch des Mitteilungsblattes, denn dieses würde ja auch von unseren Steuergeldern finanziert, sagte er.

Weitere Wochen vergingen. Endlich ein Brief von der Marktgemeinde. (Dabei einen Brief demonstrativ öffnen) Und beim Öffnen des Briefs stellte man sich vor, was wohl in diesem ersten Schreiben der neuen Gemeindeverwaltung stehen würde. Das könnten Sätze sein wie:
Liebe Neubürger in unserer Gemeinde...
Begrüßen wir Sie als neue Mitbürger der Marktgemeinde recht herzlich...
Diesem Schreiben haben wir einen Wegweiser durch das Rathaus beigefügt...
Überdies können Sie sich auch bei allen Ihren Fragen vertrauensvoll an den Herrn Bürgermeister Rudolph selbst wenden.

Der Brief ist nun aus dem Umschlag. Übertrifft er vielleicht unsere Erwartungen? Ich lese vor: Keine Anrede, dafür aber in Fettdruck: Beitragsbescheid!
(hält Streifen hoch) Die Älteren unter uns können sich sicher noch an diese Streifen der Wilhermsdorfer Gemeindeverwaltung erinnern.
(hält Mahnung hoch) Größer war da schon eine Mahnung, stets gab es 1 DM Mahngebühr und 50 Pfennige für das Porto.

Anfangs April 1978 gab es dann schließlich eine Eingemeindungsfeier im Behringersaal. Jeder Haushaltsvorstand bekam eine Mahlzeit. Und auch Freude schwang mit, denn aus der ehemaligen Gemeinde Kirchfarrnbach waren soeben drei Marktgemeinderäte gewählt worden: Hans Beigel, Fritz Ruf und Peter Probst.

25 Jahre sind seitdem vergangen und morgen wird hier auf dem Badberg ganz groß die 25-jährige Zugehörigkeit zur Marktgemeinde Wilhermsdorf gefeiert.

Das heißt aber auch, dass es seit 25 Jahren die selbstständige Gemeinde Kirchfarrnbach nicht mehr gibt. Die Gemeinde Kirchfarrnbach, bestehend aus den Ortsteilen Kirchfarrnbach und Dürrnfarrnbach, war die letzte, die nach Wilhermsdorf kam. Während bereits 1958 Unterulsenbach eingemeindet wurde und sich die Gemeinden Katterbach und Dippoldsberg schon 1971 und 1972 freiwillig eingemeinden ließen, warteten die Kirchfarrnbacher bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre Selbstständigkeit aufgeben mussten. Die Gemeindeväter wollten um jeden Preis die Flurbereinigung und die Dorfsanierung selbst durchführen und rückblickend kann wohl jeder sagen, dass ihnen das bestens gelungen ist. (Applaus?)

Der Bürgermeister und sein Gemeinderat mussten Abschied nehmen. Das Abschiednehmen ist auch Inhalt der neunten Strophe unseres Farrnbachliedes.

Alle: Farrnbachlied, 9. Strophe

Sprecher: ' Billiger und bürgernäher’. Das waren die werbewirksamen Schlagworte der bayerischen Regierung für die Gemeinde- und Gebietsreform in den siebziger Jahren.

1977 wollten das viele nicht mehr so recht glauben. Und schon gar nicht unser damaliger Bürgermeister Hans Beigel. Bei verschiedenen Versammlungen wies er auf die äußerst angespannte Finanzlage der Gemeinde Wilhermsdorf durch Hallenbad, Schule, Straßenbau, Wasserleitung und Kanal hin. Allein die Gemeindeverwaltung mit ihren einundzwanzig Beamten und Angestellten mache siebzehn Prozent des Gesamthaushalts aus. In Kirchfarrnbach wurden, wie jeder weiß, diese Arbeiten von ihm und seiner Frau ehrenamtlich am Feierabend erledigt, oder richtiger gesagt, von seiner Frau und ihm.

Doch lauschen wir nun einem heutigen Kirchfarrnbacher Ehepaar, das sich zufällig mit der Eingemeindungsproblematik von damals befasst.

(Vorhang auf. Er sitzt am Tisch; offene Schachtel; Zeitungsartikel)

Sie: Da sitzt er da und liest! Du wolltest doch nur noch schnell den Schrank aufräumen und jetzt mit mir in die Stadt fahren!

Er: Ja, stimmt, wollte ich. Aber als ich in diese alte Schachtel geschaut habe, konnte ich mit dem Lesen nicht mehr aufhören. Es sind lauter hochinteressante Zeitungsartikel von der Eingemeindung und Urkunden darin.

Sie: Das ist doch die Schachtel vom Vater. Zeig mal her!
(nimmt Zeitungsartikel heraus und liest die Überschriften laut vor)

Sie: 1973: Keiner für die Eingemeindung
Es ging um vorzeitige Eingemeindung nach Wilhermsdorf

1977: Kein Grund zur Freude
Bürgermeister von Kirchfarrnbach ist in Eingemeindungsfrage skeptisch

Also gefreut haben sich die Kirchfarrnbacher ja nicht auf die Eingemeindung nach Wilhermsdorf 1978.

Er: Von 1968 habe ich noch einen schönen Artikel von der Bildzeitung mit zwei Bildern. Den musst du lesen!
(reicht ihr Artikel)

Sie: Da ist ja ein Bild vom Beigels Hans! War der jung! Und wer sind denn die vier jungen Männer auf dem großen Bild?

Er: Links sitzt der Georg Ruf (der aus Hirschneuses), dann der Gerhard Tobisch, rechts daneben der Leonhard Kleinschroth und ganz rechts vorne der Michael Zinner.

Sie: Müde Junggesellen lassen ihr Dorf „aussterben“
Bürgermeister: Vier Mädchen können uns retten

Das ist aber komisch. Wieso denn das?

Er: Dann lies halt!

Sie: Um die Verwaltungsarbeit zu vereinfachen, sollen in Bayern alle Gemeinden unter 300 Einwohnern aufgelöst und größeren Gemeinden angegliedert werden. Kirchfarrnbach aber zählt nur 297 Einwohner.

Bürgermeister Hans Beigel (39) „Und unsere Einwohnerzahl sinkt ständig. Es sterben mehr Menschen als geboren werden. Unsere Sorgen wären wir schlagartig los, wenn sich unsere Junggesellen endlich einmal zusammenreißen und sich zum Heiraten entschließen würden.“

Die Zwerggemeinde hat allein 15 Junggesellen im besten Alter von 25 bis 40 Jahren. Der Bürgermeister: „Es sind allesamt nette Kerle, die als Arbeiter gut verdienen oder schöne Bauernhöfe haben. Sie haben nur einen Fehler: Sie sind zu schüchtern.“

Dann weiter: „Unsere hübschen Mädchen werden von den Burschen aus den Nachbardörfern weggeschnappt. Die sind schneller.“ ...

"Vielleicht melden sich einige Mädchen und befreien uns von unseren Sorgen.“

Sag einmal, die Bild-Zeitung gibt es doch in ganz Deutschland, hat man dann diesen Artikel überall in Deutschland lesen können?

Er: Ja, und auch im Ausland, denn dort kann man auch die Bild-Zeitung kaufen. Mit einem Schlag war Kirchfarrnbach in ganz Deutschland und auch im Ausland bekannt geworden. Bald kamen Hunderte von Briefen heiratslustiger Mädchen beim Kirchfarrnbacher Bürgermeister an, auch aus dem Ausland!

Übrigens, interessant ist auch der Eingemeindungsvertrag.

Sie: Vereinbarung zwischen dem Markt Wilhermsdorf und der Gemeinde Kirchfarrnbach über die Eingliederung der Gemeinde Kirchfarrnbach in den Markt Wilhermsdorf.
Dann kommen 19 Punkte und unterschrieben haben ihn am 23. Dezember 1975 der Wilhermsdorfer Bürgermeister Rudolph und der Kirchfarrnbacher Bürgermeister Beigel.
(gibt ihm den Vertrag wieder zurück)
Was haben die denn da vereinbart?

Er: Es sind Vereinbarungen über den Wahlbezirk, über die Sonderschlüsselzuweisungen, über den Räum- und Streudienst, über die Feuerwehr, Wasserversorgung, Kläranlage, Jagd, Friedhof, Viehwaagen, Sportplatz... und über den Besamungsvertrag.

Sie: Besamungsvertrag?

Er: Da steht: 8. Der Markt Wilhermsdorf tritt in den Besamungsvertrag der Gemeinde Kirchfarrnbach...

Sie:(fällt ihm ins Wort!) Der Wilhermsdorfer Bürgermeister soll jetzt die Kirchfarrnbacherinnen?

Er: Nein, das ist doch für die...

Sie:(fällt ihm ins Wort!) Der Kirchfarrnbacher Bürgermeister soll die Wilhermsdorferinnen...

Er: Nein, das ist doch für die Rindviecher. Die Kirchfarrnbacher hatten ja schon seit Jahren keinen Gemeindebullen mehr und ließen ihre Kühe vom Besamungsverein Neustadt besamen.

Also das heißt, weder der Wilhermsdorfer Bürgermeister soll nun die Kirchfarrnbacherinnen noch soll der Kirchfarrnbacher Bürgermeister die Wilhermsdorferinnen besamen. Es sollen vielmehr die Kühe vom Besamungsverein Neustand besamt werden.

Sie: Ach so... Das müssen wir einmal in Ruhe durchlesen. Aber jetzt müssen wir endlich fort in die Stadt, sonst haben die Geschäfte zu.

(Vorhang zu)

Sprecher: Zum Schluss singen wir nun alle die letzte Strophe unseres Farrnbachliedes. Noch ein Hinweis für alle, die das was heute Abend gesagt wurde, noch einmal nachlesen möchten. Auf unserer Homepage www.gesangverein-kirchfarrnbach.de finden Sie den Manuskripttext. Außerdem gibt es zusätzliche Informationen über die historischen Hintergründe und auch obige Zeitungsartikel. Sehen Sie einfach bei „Aus letzter Zeit“ nach und klicken Sie sich weiter.
Zum Abschluss singen wir die letzte Strophe unseres Farrnbachlieds.

Er ruft die ehemalige Gemeinderäte Fritz Kamm, Franz Weber, Fritz Ruf, Wiegel, Georg Ruf und den Bürgermeister Hans Beigel namentlich auf.

Sprecher: Vor 25 Jahren erstrahlte unser Dorf im neuen Glanz. Durch die Flurbereinigung und die Dorfsanierung hat es ein gefälliges Aussehen erhalten. Die Strukturfragen waren gut gelöst. So gut, dass sich die Marktgemeinde über zwei Jahrzehnte lang nicht um große Fragen kümmern musste. Da morgen mehr die Marktgemeinde im Mittelpunkt stehen wird wollen wir heute die Gelegenheit dazu nutzen, hier der Gemeindeführung von damals unseren ganz besonderen Dank für die erbrachten großartigen Leistungen auszusprechen.

Alle: Farrnbachlied, 10. Strophe

(Er überreicht ihnen nach der 10. Strophe einen Jubiläumswein)

 
 
 

Der mit viel Applaus bedachte ehemalige Kirchfarrnbacher Gemeinderat mit Altbürgermeister Hans Beigel
Von links: Fritz Ruf, Fritz Kamm, Georg Wiegel, Hans Beigel, Franz Weber, Georg Ruf und Sprecher Georg Guggenberger

 
     
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