Rockenstube
auch: Rockerstubm, Spinnstubm.
Rocken,
das ist der Spinnstock am Spinnrad, auf den der Flachs
oder die Rohwolle gesteckt wurde.
In
der Rockenstube haben sich früher die Frauen des
Dorfes getroffen und sowohl am Faden mit dem Spinnrocken
als auch an der Grüchteküche des Dorfes -
mit ihrem schlechten Mundwerk - gesponnen. Die gesponnenen
Fäden sind dann gleich zu brauchbaren Kleidungsstücken
wie Strümpfen oder wollenen Unterhosen verstrickt
worden.
Die
Rockenstube war Mittelpunkt des geistigen und gesellschaftlichen
Lebens der Dorfjugend. Es war üblich, dass der
Rocken im Dorfe umher ging, so dass reihum bei jeder
Dorfschönen die Rockenstube abgehalten worden ist.
Mädchen,
die mit dem Spinnrad nicht so umgehen konnten, waren
weniger geachtet und sozusagen die Mauerblümchen
des Dorfes. Es gab den Spruch: Wer net tanzn und spinna
ko, kriegt gewiss zeitlebens kann Mo,
Die
Burschen, die da üblicherweise zu Besuch kamen,
haben Arbeiten verrichtet, für die im Sommer keine
Zeit war wie z.B. Korbflechten, Reisigbesen binden oder
Zähne für Holzrechen schnitzen. Es wurden
Geschichten erzählt. Sobald jemand seine Mundharmonika
heraus genommen hatte, wurde gesungen, gespielt und
getanzt.
Auch
die Kinder haben manchmal mit zur Rockenstube gedurft.
Rechtzeitig wurden sie aber ins Bett geschickt, bevor
es zu vorgerückter Stunde nicht immer ganz jugendfrei
zu ging.
1746
wurde die Rockenstube auf den Dörfern polizeilich
verboten. In der Begründung hieß es: Bei
solchen Zusammenkünften wurden den Eltern die Kinder
verführet, den Gesellen hat man aufgelauert, sie
verwundet oder gar totgeschlagen. Ehrbaren Hausleuten
wurde jedoch erlaubt, zur Einsparung des Brennholzes
oder des Lichtes sich weiterhin zu treffen. Jedoch wurde
mit einer Strafe von fünf Talern gedroht, wenn
es dabei zu allerlei Spielen, unzüchtigen Worten
oder schändlichem Geschwätze kam.
Die
Mädchen und Burschen saßen sich gegenüber
und da sie sich auch früher schon ein wenig geneckt
haben, entstanden aus dieser Situation Wechselgesänge
wie die beiden Lieder "Bauernmadla hi" und
"Seitdem dass die Bauernmadli" (von Singgruppe
und Gesangverein vorgetragen).
Mitte
des 20. Jahrhunderts endete der Brauch, sich in der
Rockenstube zu treffen, da der Flachsanbau und die Schafhaltung
zurückgegangen waren. Irgendwie muss er aber wieder
in Mode gekommen sein, denn er hat sich noch bis in
die sechziger Jahre gehalten. Lediglich in der Kriegs-
und Nachkriegszeit gab es einen kleinen Einbruch wegen
der Sperrstunden und der amerikanischen Besatzungsmacht.