Singen bei der Volkstrauertagsfeier
am 16. November 2008
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Die Rede von Karin Henning zum Nachlesen

     
In der Kirche    

Der Volkstrauertag soll uns an das Leid und die unzähligen Opfer vergangener Kriege erinnern. Mit ihm wollen wir aber zugleich ein Zeichen setzen für Frieden, für Versöhnung, für Verständigung, für Toleranz und Menschlichkeit – Gedenktafeln und Gräber mahnen uns: tut alles, um neue Kriege und Gewalt zu verhindern.

Seit 1923 dient das Kirchfarrnbacher Kriegerdenkmal der Erfüllung dieser Aufgabe, verbunden mit den Gedenkstunden zum Volkstrauertag, die 1919 vom VDK vorgeschlagen wurden.

Wie wir alle wissen, herrschte in den folgenden 85 Jahren bis heute nicht Friede. 1939 bis 1945 wütete der Zweite Weltkrieg. Und auch danach herrschte in der Welt kein Frieden. Allein im letzten Jahr gab es weltweit 42 Kriege, manche davon erschreckend nah.

Unsere Erinnerung und Trauer soll nicht lähmend wirken, sie muss vielmehr Anregung und Motivation zum aktiven Einsatz für den Frieden sein. Unser Volkstrauertag hat inzwischen die Bedeutung eines Friedensmahntages erhalten.

Ich habe eine Geschichte gelesen, die von Schülern als Erlebnisbericht aufgeschrieben wurde.

WIR SPIELEN KRIEG!
„ Was spielt ihr?“ fragt ein alter Mann die Kinder. „Wir spielen Krieg!“ Darauf der Alte: „Wie kann man nur Krieg spielen? Ihr wisst doch sicher, wie schlimm Krieg ist. Ihr solltet Frieden spielen.“ „Das ist eine gute Idee“, sagen die Kinder. Schweigen, Beratung, Tuscheln und wieder Schweigen. Dann tritt ein Kind vor und fragt: „ Wie spielt man Frieden“?

Frieden ist nicht selbstverständlich, er ist vielmehr ein hartes Stück Arbeit für die Regierung, für die Bevölkerung, für uns.

Weltweit gibt es immer noch zu viele Waffen: Gewehre, Minen, Panzer, Flugzeuge, Raketen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Regierungen in Abrüstungsverhandlungen einigen, dass sie sich gegenseitig vertrauen und nicht auf die Stärke ihrer Armeen setzen.

 
 

Die meisten Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als in Frieden leben zu können. Ganz gleich ob in Europa, Afrika oder Asien - niemand möchte, dass Eltern, Kinder oder Freunde in einem Krieg verwundet oder gar getötet werden. Für sie alle ist Frieden, wenn es keinen Krieg in ihrer Heimat, ihrem Land oder ihrer Stadt gibt.

Doch wenn man sich mit anderen Menschen über Frieden unterhält wird rasch deutlich, dass jeder Mensch sich etwas anderes darunter vorstellt. Und wenn die Menschen in unterschiedlichen Weltreligionen und Kulturen verwurzelt sind, wird es noch schwieriger, eine einheitliche Meinung zu bekommen.

Für die einen ist Frieden, wenn sie nicht jeden Tag heftigen Streit zwischen den Eltern, den Geschwistern oder mit den Nachbarn erleben müssen. Andere sind über die Zerstörung der Umwelt empört und fordern einen Frieden der Menschen mit der Natur. "Hunger und Armut verhindern Frieden", denken wieder andere. Und muss nicht jeder Mensch zuerst mit sich selbst ins Reine kommen, damit es Frieden geben kann?

Frieden ist eben kein bleibender Zustand.

Niemand weiß, ob Frieden jemals vollständig verwirklicht werden kann. Auch kann und darf keine Regierung und keine Person für andere bestimmen, was sie unter Frieden verstehen sollen. Dies wäre eine sehr unfriedliche Bevormundung! Deshalb kann man auch sagen, dass Frieden ein langer Prozess ist und dass jeder Mensch sich an diesem Prozess beteiligen müsste. In diesem Sinn ist auch der Satz von Mahatma Ghandi gemeint:

"Es gibt keinen Weg zum Frieden - Frieden ist der Weg".

     
Am Kriegerdenkmal    

Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg,Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

  Wir trauern mit den Müttern und mit allen, die Leid tragen um die Toten. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt.
     
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