Badbergfest 2004
- Badbergflora -
Freitag, 3. Juli
...da steht ein Lindenbaum
5. Teil

     
 
Sprecher Georg Guggenberger bei der Begrüßung
 
Erika Bayer begleitet mit dem Akkordeon "Am Brunnen vor dem Tore"
     
   

Aus dem Manuskripttext:
Sprecher: Badbergflora! An den Ortseingängen können wir seit Monaten dieses Wort auf unseren Hinweistafeln lesen. Ein Wort, das in keinem Nachschlagewerk zu finden ist, das sich also jeder irgendwie selbst erklären muss. Also, was bedeutet „Badbergflora“?

Der Quiz-„Klassiker“ Günther Jauch würde es vielleicht so machen:
Badbergflora
Ist Badbergflora a) eine Feengestalt des Badbergs, etwa so wie die Loreley am Rhein?
Ist Badbergflora b) ein Wellness-Badezusatz?
Ist Badbergflora c) die Pflanzenwelt des Badbergs?
Ist Badbergflora d) der Name des Abenteuerspielplatzes am Badberg, den Bürgermeister Harry Scheuenstuhl für die Kirchfarrnbacher Kinder heimlich planen lässt?
Ist Badbergflora e) der neue positive Name für die Kirchfarrnbacher Kläranlage?
(Wiederholung, Meldungen zu den einzelnen Punkten)

Die Pflanzenwelt des Badbergs ist also unser heuriges Thema. Den Anfang wollen wir mit der größten Pflanze hier im Zelt machen.
(sucht, vergleicht, kommt schließlich mit Hilfe der Kinder darauf, dass es die Linde im Zelt ist)

Vor 32 Jahren hat der Georg Ruf diese Linde gepflanzt und sie gehört einfach zu unserem Badbergfestzelt. So wie früher die Linde im Mittelpunkt unserer Dörfer war. Unter der Dorflinde fanden Gerichtsverhandlungen und Thingversammlungen (= germ. Volksversammlung) statt. Sie stand auf dem Dorfplatz, wölbte ihre Krone über die Bänke und war Ort vieler Feste. Über das, was sich alles im Schatten dieses Baumes zugetragen hat, sind ganze Bücher voller Gedichte, Lieder und Sagen geschrieben worden. Von den vielen Liedern über den Lindenbaum wollen wir nun alle das bekannteste singen: Am Brunnen vor dem Tore…“

Alle: Am Brunnen vor dem Tore

Nicht nur hier diese Linde hier im Zelt ist mit dem Gesangverein verbunden, sondern auch die Linde vor dem Vereinslokal, das ja „Zur Linde“ heißt. Linden gab es auch an den Kellereingängen hier am Badberg, die ältesten standen bis vor einiger Zeit am Behringerschen Sommerkeller. Sie gab es bereits, als der Eichwald noch gar nicht gepflanzt und der Badberghang noch eine Wiese war; möglicherweise wurden sie 1825 gepflanzt. Dort gab es auch eine Kegelbahn.

Die meisten Lindengeschichten sind zugleich Liebesgeschichten, denn die Linde ist der Baum der Liebe. Die Germanen hatten sie Freya, der Göttin der Liebe und des Glücks geweiht. Vor etwa 800 Jahren dichtete Walther von der Vogelweide das berühmte Gedicht „Under der linden“.Patrizia Beigel trägt uns dieses Gedicht in der Originalsprache vor und weil wir uns heute schwer tun, die Sprache unserer Vorfahren von damals zu verstehen, liest Johanna Beigel die Übersetzung ins Neudeutsche nach jedem Vers dazu vor.

… Under der linden

 

   
   

Under der linden
an der heide,
da unser zweier bette was,
da mugt ir vinden
schone beide
gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schone sanc diu nahtegal.

Ich kam gegangen
zuo der ouwe:
do was min friedel komen e.
da wart ich empfangen,
here frouwe,
daz ich bin saelic iemer me.
kuster mich? wol tusentstunt:
tandaradei,
seht wie rot mir ist der munt.

 

 

(Unter der Linde,
auf der Heide,
da unser beider Lager war,
da könnt ihr schön
gebrochen finden
die Blumen und das Gras.
Vor dem Wald in einem Tal –
tandaradei –
sang schön die Nachtigall.)

(Ich kam gegangen
zu der Aue:
da war mein Liebster schon gekommen.
Da ward ich empfangen –
Gnädige Jungfrau! -,
dass ich für immer glücklich bin.
Ob er mich küsste? Wohl tausendmal:
tandaradei –
seht, wie rot ist mir der Mund!)

   
     
 
Patrizia und Johanna Beigel bei "Under der linden"
 
Janine Klaski bei "Birke"
     
    Sprecher: (Er übersetzt die beiden Verse humorvoll ins Fränkische)
Den größten Nutzen von der Linde haben die Bienen. Sie ist für sie eine riesige Bienenweide, die aus bis zu 60.000 Blüten zusammengesetzt ist. Die älteren unter uns haben noch die Lindenblüten gesammelt. Der Lindenblütentee hilft bekanntlich bei den Winterkrankheiten wie Erkältung, Schnupfen, Grippe, Husten und Bronchitis.

Die Linde war der Göttin Freya geweiht und heute noch erinnert ein Wochentag an diese Göttin - (nachdenken lassen) – der Freitag! Auch der Donnerstag erinnert an einen Gott unserer Vorfahren – den Donar. Er war der Blitz- und Donnergott. Ihm war die Eiche geweiht. Wenn von diesem Baum die Rede ist haben wir unseren Eichwald vor Augen, der westlichste Ausläufer des Dillenbergs hier am Badberg.

Den Eichwald mit den Weihern davor hat es nicht schon immer gegeben. Bis vor etwa 150 Jahren war der Hang hier eine Wiese. Dann hat man begonnen, Eichen zu pflanzen. Für die Gemeinde waren die Eichen rentabler als das Gras.

Die Eicheln waren früher beliebtes Schweinefutter, und da in der Gemeindeordnung von 1597 auch der Überhang von Eicheln geregelt wurde, kann man annehmen, dass es früher viel mehr Eichen als heute gab. Unseren Vorfahren waren die Eichen heilig. Im heiligen Eichenhain opferten die germanischen Priester im Frühling den Göttern. Kränze von Eichenlaub wurden den Siegern aufs Haupt gedrückt. Ein Eichenkranz galt mehr als eine Fürstenkrone. Im 18. Jahrhundert wurde die Eiche zum typisch deutschen Wappenbaum gemacht.

Eichen sollst du weichen,
Buchen sollst du suchen!
Also suchen wir die nächste Buche! Wo ist sie denn? (nachdenken lassen) --- Gleich am Eingang zu unserem Festplatz.

Vieles könnte man über die Buche sagen, über ihre frühere große Verbreitung, über die Pflanzen, die in ihrem Schatten gedeihen können, über die Bucheckern, die früher der Schweinemast dienten, über das harte Buchenholz für die Werkzeugherstellung und sogar über die Buchenasche. Früher gab es kein Pril oder Spüli. Man gab deshalb Buchenasche in ein Säckchen und übergoss dieses mit lauwarmem Wasser. Am nächsten Tag seihte man die Brühe ab und nun hatte man eine Lauge zum Abspülen, Reinigen und Waschen.

Auch dass unser Wort „Buch“ und die darin enthaltenen „Buchstaben“ mit der Buche zusammenhängen, ist vielen nicht mehr bewusst. Das Buch heißt so, weil die Schreibtafeln zuerst aus Buchenholz geschnitten waren. Buchstaben: Stäbchen aus Buchenholz; darauf schnitten unsere Vorfahren die Runen ein. Die Buchenstäbchen wurden auf den Boden geworfen, aufgelesen und von Priestern gedeutet. Das Auflesen also Sammeln ist die Grundbedeutung unseres heutigen Lesens. Also Lesen ist Buchstaben sammeln.

Erlen, Eschen, Faulbäume; Fichten; Kiefern Lärchen und noch weitere Bäume gedeihen hier auf dem Badberg. Hier sei in Gedichtform an einige erinnert:


Eiche, Buche, Linde
Eichen sollst du weichen,
Buchen sollst du suchen
kannst du Linden grad nicht finden.


Janine: Birke
Birke, du mädchenhaft schlanke,
Schwankend am grünenden Hag,
Lieblicher Gottesgedanke
Vom dritten Schöpfungstag. (B.v.Münchhausen)


   
         
     
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